Allgemein Vorstandsnews

Sonntagsrave – Ja oder Nein?

Anlass

Derzeit wird von einzelnen Personen das Konzept „Sonntagsrave“ mit Beteiligung der Piratenpartei massiv beworben und den verantwortlichen Vorständen vorgeworfen „ohne Argument mit falschen Argumenten“ zu arbeiten. Dabei werden auch Vorstandsmitglieder persönlich angegriffen, was wir für, gelinde gesagt, stillos halten.
Wir möchten hierzu ein paar Punkte erläutern:

Konzept

Das Konzept des Veranstalters sieht vor, dass in München ein Rave mit politischen Inhalten vermischt wird. Hierzu sollten die Pausen zwischen den DJ-Wechseln verwendet werden. Als Veranstalter sollte die Piratenpartei auftreten. Die Veranstaltung würde als Kundgebung o.ä. angemeldet werden.
Es war geplant, dass wir uns auf einer Jugendveranstaltung präsentieren und unsere politischen Konzepte vorstellen können. Eine Begegnung zwischen Jugend und Politik – das hört sich doch toll an. Entsprechende Veranstaltungen wurde bereits mit SPÖ und Piraten in Österreich erfolgreich durchgeführt, so der Veranstalter.

Fakten
Leider sind die Fakten nicht so fröhlich wie das Konzept.

Eine Rückfrage bei österreichischen Piraten ergab, dass weder der Veranstalter noch die Veranstaltungsreihe dort bekannt sind. Man hätte sich einmal zu geringen Kosten an einem „Free Techno Umzug“ beteiligt. Die Kooperation mit der SPÖ erwies sich als eine Veranstaltung, wo die Sozialistische Jugend (Jugendorganisation der SPÖ) in irgendeiner Form beteiligt war.
Das mediale Echo bei dieser Veranstaltung war durchaus OK. Allerdings wird dort die Sozialistische Jugend mit genau einem versteckten Link in der Einladung erwähnt. Ebenso war das gesamte politische Echo ein Facebookartikel der Sozialistischen Jugend.
Auf der Webseite des Veranstalters ist kein Hinweis auf irgendeine Partei zu finden.
Auf dem Video der Veranstaltung findet sich ein aufgehängtes Transparent und ein einsamer Fahnenschwinger. Das Echo auf Social Media war dementsprechend nicht vorhanden. Ebenso in der Presse.

Wir müssten uns vertraglich verpflichten, im Jahr 2015 fünf Veranstaltungen dieser Art durchzuführen.
Wollen wir doch einmal sehen, was der Veranstalter an Kosten pro Event für diese Werbewirkung ansetzt, wobei sich unsere finanzielle Beteiligung fast stündlich ändert. Es variiert mit seinen Ansprechpartnern (Wir hatten nun Zahlen pro Veranstaltung von 1000 über 15.000 bis 0, aktuell stehen wir bei 7.050 €.)
– Lineup 7000 € (also die Gagen der gebuchten DJs)
– Bühne 1500 €
– Technik 1800 €
– Werbekosten 1000 €
– Security 1500 €
– Personal 0 €
– Sonstiges 250 €

Macht insgesamt das Schnäppchen von 13.500 € pro Veranstaltung. Vorgesehen waren 5 Veranstaltungen im nächsten Jahr, also schlappe 67.500 € (wobei die 0 € für Personal schlicht unrealistisch sind). Wir sind also realistischerweise von ca. 75.000 € ausgegangen. Das ist eine gigantische Summe für eine kleine Partei und darüber hinaus würden wir als Veranstalter auch für weitere Kosten geradestehen müssen. Und das für eine Veranstaltung, die nach Schätzungen der Sonntagsrave-Veranstalter ca. 1000 Leute besuchen würden.
Zum Vergleich: Von den bisher bekannten Gesamtkosten kann man ca. 20 (zwanzig!) Landesparteitage veranstalten.
Es wurde eine Querfinanzierung über private Spenden angeboten. Abgesehen davon, dass das zugehörige Konzept einen großen Rechenfehler enthält und wir mit der Hälfte der Kosten in Vorleistung treten hätten müssen, ist uns nicht klar warum diese Leute ausgerechnet jetzt an uns spenden würden. Und zwar für jedes einzelne Event eine durchaus beachtliche Summe von 6600 €, also 33.000 € insgesamt.
Ausserdem kann man Spenden nicht erzwingen. Verlören also die Spender ihren Spendewillen, blieben wir als Veranstalter auf dem Fehlbetrag sitzen.

Wir haben bei erfahrenen Veranstaltern nachgefragt, wie sie das Konzept sehen. Die Antwort war einheitlich: „Vergesst es“. Die Partyleute sind von der Politik genervt, den Politikleuten ist die Party zu laut. Das hat auch der Veranstalter eingeräumt und gesagt dass bei vergangenen Events die Politik sich eher zurückgezogen hätte, bis sie nur noch bei der Einladung kommuniziert wurde, sie wäre aber immer noch gut angekommen. Das war leider nicht überprüfbar, da wir nur ein Event (ohne erwähnenswerten politischen Auftritt, Fahnenschwenken im Video) gefunden haben. Hier war die Parteiwerbung ein versteckter Link in der Einladung.
Die uns geschilderten Reden, die dann von DJ Wechsel zu DJ Wechsel gewesen sein sollen, waren weder auf dem Video noch auf irgendeiner Website zu sehen, nicht einmal auf der der anwesenden Partei.

Fazit

  •  Für unsere Verhältnisse sehr hohe Kosten
  • Wackelige Finanzierung mit zT falschen und/oder unsicheren Annahme
  • Hohes Kostenrisiko für die Piratenpartei
  • Geringe Menge an „Wählerkontakten“ pro eingesetztem Euro.
  • Zielgruppe „Technofans“ mit eher geringer Streuwirkung
  • Keine erkennbare Werbewirkung bei vergangenen Events dieser Art.
  • Erwähnung einer Zusammenarbeit mit der österreichischen Piratenpartei, die von dieser Veranstaltung keine Kenntnis hat

Uns drängt sich der Verdacht auf, dass es eher darum geht, über die Piraten als politische Partei an interessante Partylocations in der Innenstadt heranzukommen, weil wir zB Kundgebungen dort anmelden können. Ausserdem sollen wir das Kostenrisiko tragen und uns die Kosten „vom Staat wieder holen“, die nicht durch Spenden gedeckt sind, was zumindest laut dem jüngsten Finanzierungskonzept immer noch fast 7000 EUR pro Veranstaltung sind. Abgesehen davon, dass die Geschichte mit der Parteienfinanzierung nicht ganz so simpel ist, sind wir nicht willens für eine Werbeaktion von geringer Öffentlichkeitswirkung in Bezug auf die Piratenpartei (!) die Zwischenfinanzierung für einen Partyveranstalter zu übernehmen.
Wir sind dafür verantwortlich die Finanzen dieser Partei sinnvoll einzusetzen, nicht sie zu ruinieren.

Was uns noch zumindest stutzig macht, dass man die Party unbedingt mit uns zusammen machen möchte, obwohl man keinen Eintritt nehmen kann, keine Getränke verkaufen und das Geld im Zweifel durch große Spenden auftreiben muss. So extrem piratenaffin kamen uns die Veranstalter nicht vor.

Wir haben uns nun wirklich sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt,- von einem Treffen mit dem Veranstalter an einem Samstagabend, über Kontaktaufnahmen untereinander, dem deutschen und dem österreichischen Bundesvorstand der Piratenpartei, Personen mit Veranstaltungserfahrung bis hin zur ausführlichen Onlinerecherche.
Selbstverständlich verlassen wir uns bei derartigen Aktionen und in dem finanziellen Rahmen nicht auf die Informationen des Veranstalters allein.

Es gibt Befürworter dieser Idee, der Landesvorstand und der Bezirksvorstand gehören nicht dazu. Auch Teile des Bundesvorstands, die in dieser Angelegenheit befragt wurden, befürworten die Idee nicht.
Daher ist nach sehr ausführlicher Beschäftigung mit diesem Thema für den Landesvorstand und Bezirksvorstand Oberbayern an der Stelle jetzt Schluß, eine weiteres Vorgehen von unserer Seite wird nicht mehr stattfinden.

Nicole Britz und Marion Ellen              Dietmar Hölscher

(für den Landesvorstand)                      (für den Bezirksvorstand Oberbayern)